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Lesetipp März 2014: Die Pleite mit der Beute | |
(5 Beiträge) Veröffentlicht: 03.03.2014 um 02:19 Uhr |
Entenhausen bei Nacht. Aus einem geöffneten Gully dringt die fluchende Stimme eines Unbekannten. Wir folgen ihr, steigen die Leiter herab und irren durch unterirdische Gänge. Das Lamentieren wird lauter. Mit einem Mal erblicken wir an einer Wand den Schatten einer seltsamen Gestalt. Es ist die Silhouette Kater Karlos, der soeben offenbar erfolglos versucht, in eine Bank einzubrechen... Bereits auf den ersten Seiten gelingt es der Geschichte "Die Pleite mit der Beute", die Neugier des Lesers zu wecken. Anstatt ihm einfach ohne Umschweife zu zeigen, was Sache ist, lässt sie es ihn in einer filmisch inszenierten Panelsequenz selbst entdecken. Gerade dadurch also, dass sie das Geschehen aus einer Perspektive erzählt, die Fragen aufwirft, zieht sie ihn auf Anhieb in ihren Bann. Noch deutlicher tritt diese narrative Technik in der nächsten Szene hervor, in der ein neuer Akteur ins Spiel kommt, über dessen Identität und Motive wir zunächst im Dunkeln bleiben. Wir müssen uns mit bruchstückhaften Informationen begnügen, die jedoch ausreichen, um unsere Fantasie zu stimulieren und uns bei der Stange zu halten. Nachdem die Spannung einmal aufgebaut ist, gewinnt zunehmend der Humor die Oberhand. Denn obwohl das kriminalistische Moment keinesfalls zu kurz kommt, ist die Story in erster Linie eines: verdammt witzig! Dies ist zum Teil dem Autor Massimo Marconi zu verdanken, der mit Running Gags und Slapstick-Elementen weiß Gott nicht geizt, wobei er ein gutes Gespür für das richtige Timing beweist. Leidtragender ist vor allem der arme Micky: Es dürfte nur wenige andere Comics geben, in denen er dermaßen häufig eins auf die Zwölf bekommt. Bemerkenswerterweise driftet die Komik trotzdem niemals ins Brutale ab, da die Gewaltsamkeit stets etwas Spielerisches und Beiläufiges bewahrt. Mehr noch: Dass Micky pausenlos unverschuldete Schläge einstecken muss, macht ihn zum Sympathieträger, ohne dabei seinen Charakter zu verzerren. Wenngleich er sich so normal und vernünftig wie eh und je verhält, kann er dem sich immer mehr zuspitzenden Irrsinn des Geschehens nicht entgehen. Mit diesem Schicksal werden sich vermutlich die meisten Leser uneingeschränkt identifizieren können. Dennoch bringen uns seine Unannehmlichkeiten zum Lachen, was nicht zuletzt dem Artwork Silvio Cambonis geschuldet ist. Insbesondere die Figurenzeichnungen des aus Sardinien stammenden Disney-Künstlers strotzen nämlich vor einem in Maus-Comics selten gesehenen Bildwitz und gemahnen vornehmlich in der Gestaltung der Mimik an seinen Lehrer Carpi. Sie sind insofern ein gutes Beispiel dafür, dass man auch Micky überaus humorvoll in Szene setzen kann. Das komische Potenzial der anderen Hauptfigur dürfte ohnehin unbestritten sein. Die Rede ist von Kater Karlo, zu dem Marconi nach eigener Aussage eine starke Affinität besitzt. Seine Charakterisierung des korpulenten Schurken lässt das durchaus erahnen: Zumindest in dieser Geschichte gehört er quasi zu den Guten. Er mag ein Gauner sein, aber es würde ihm niemals einfallen, das Wohl der Menschheit absichtlich zu gefährden. Um das zu verhindern und gleichzeitig seine eigene Haut zu retten, wendet er sich sogar freiwillig an Micky. Nun hat sich die Idee einer Kooperation der beiden Erzfeinde inzwischen freilich längst zu einem etablierten Motiv entwickelt, was überwiegend das Verdienst Tito Faracis ist. Marconis Story wurde jedoch bereits im März 1994 veröffentlicht und damit einige Jahre vor Faraci-Klassikern wie "Auf der falschen Seite" oder "Im Strudel der Zeit", als deren Vorläufer sie guten Gewissens gelten kann. Der Grundstein für Faracis Neubestimmung der Beziehung zwischen Micky und Karlo wurde also von Autoren wie Marconi gelegt. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass "Die Pleite mit der Beute" nicht nur hochgradig unterhaltsam ist, sondern auch eine neue Blickweise auf die altbekannten Figuren eröffnet. Allein aus diesem Grund hätte sie es mehr als verdient, endlich einmal nachgedruckt zu werden. Wer darauf allerdings nicht warten möchte, den verweise ich auf das Lustige Taschenbuch Nr. 204. Viel Vergnügen bei der Lektüre! |
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Zuletzt aktualisiert: 04.07.2016, 20:47